Die Geburt eines Kindes ist ein einzigartiges Erlebnis – emotional und körperlich intensiv. Während viele Frauen eine natürliche Geburt ohne größere Komplikationen erleben, kann es dennoch zu Geburtsverletzungen kommen. Diese Verletzungen entstehen, wenn das Gewebe während der Geburt stark gedehnt oder sogar eingerissen wird. Sie reichen von kleinen Hautrissen bis hin zu schwereren Verletzungen, die ärztlich behandelt werden müssen.
Doch wie häufig treten solche Verletzungen auf, und welche Faktoren beeinflussen das Risiko? Welche Arten von Geburtsverletzungen gibt es, und wie können sie behandelt und gelindert werden? In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige über Dammrisse, Dammschnitte und weitere Verletzungen nach der Geburt sowie wertvolle Tipps zur Heilung und Schmerzlinderung.
Inhaltsverzeichnis
Welche Geburtsverletzungen gibt es?
Wie heilen Geburtsverletzungen?
Tipps zur Schmerzlinderung & Heilung
Emotionale Aspekte von Geburtsverletzungen
Zusammenfassung
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Geburtsverletzungen
Welche Geburtsverletzungen gibt es?
Nicht jede Frau erleidet eine Geburtsverletzung, aber sie sind dennoch häufig. Manche Verletzungen heilen innerhalb weniger Tage, während andere eine intensivere Nachsorge erfordern. Die wichtigsten Geburtsverletzungen sind:
1. Dammriss – natürliche Einrisse im Gewebe
Der Dammriss ist eine der häufigsten Verletzungen während einer vaginalen Geburt. Er entsteht, wenn das Gewebe zwischen Vagina und After während der Geburt überdehnt wird und einreißt. Dammrisse werden in vier Grade unterteilt:
- Dammriss 1. Grades – Oberflächliche Verletzung der Haut, heilt meist von selbst.
- Dammriss 2. Grades – Gewebe und Muskulatur sind betroffen, oft mit Nahtversorgung.
- Dammriss 3. Grades – Riss reicht bis zum Schließmuskel des Afters, benötigt chirurgische Behandlung.
- Dammriss 4. Grades – Schwerster Dammriss, der auch die Darmschleimhaut betrifft, erfordert eine längere Heilungszeit.
Heilung: Kleinere Dammrisse heilen meist innerhalb von 1–2 Wochen, größere Verletzungen benötigen mehrere Wochen.
2. Dammschnitt (Episiotomie) – gezieltes Einreißen des Gewebes
Ein Dammschnitt wird in manchen Fällen medizinisch durchgeführt, um Platz für das Baby zu schaffen oder Komplikationen zu vermeiden. Er kann quer oder schräg gesetzt werden und wird nach der Geburt genäht.
Wann wird ein Dammschnitt gemacht?
- Bei sehr großem Kind oder Beckenendlage
- Wenn der Damm stark unter Spannung steht
- Bei drohendem Sauerstoffmangel des Babys
- Wenn eine Saugglocke oder Zange verwendet wird
Heilung: Der Heilungsprozess ist ähnlich wie bei einem Dammriss, dauert aber oft etwas länger, da das Gewebe chirurgisch durchtrennt wurde.
3. Scheidenriss & Labienriss – Verletzungen im Vaginalbereich
Neben dem Damm können auch die Scheidenwand oder die äußeren Schamlippen (Labien) einreißen. Diese Risse entstehen oft durch die schnelle Geburt des Babys oder eine unzureichende Dehnung des Gewebes.
Heilung: Kleinere Risse heilen oft ohne Naht, tiefere müssen genäht werden und heilen innerhalb von zwei Wochen.
4. Geburtsverletzungen nach Kaiserschnitt
Auch nach einem Kaiserschnitt gibt es Verletzungen, denn der Körper muss nicht nur die Bauch- und Gebärmutterwunde, sondern auch die hormonellen Umstellungen verarbeiten. Frauen berichten häufig von Narbenziehen, Wundschmerzen und Spannungsgefühlen in den ersten Wochen.
Heilung: Die Narbe braucht ca. 6 Wochen, bis sie vollständig geschlossen ist.
5. Beckenbodenverletzungen – langfristige Folgen
Eine starke Überdehnung der Muskulatur kann den Beckenboden schwächen, was später Probleme wie Blasenschwäche oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verursachen kann.
Heilung: Beckenbodentraining ist essenziell für die langfristige Regeneration.

Wie heilen Geburtsverletzungen?
Der Körper hat erstaunliche Selbstheilungskräfte, doch die Heilungsdauer hängt von der Art der Verletzung ab.
Natürliche Heilungsprozesse:
- Kleinere Risse (1. & 2. Grades) heilen oft in 1–2 Wochen.
- Größere Verletzungen (3. & 4. Grades) können 4–6 Wochen Heilung benötigen.
- Kaiserschnittnarben benötigen bis zu 6 Wochen, bis die äußere Narbe verheilt ist.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
- Sehr starke Schmerzen, die auch mit Schmerzmitteln nicht besser werden
- Plötzliche oder ungewöhnlich starke Blutungen
- Anzeichen einer Infektion (Fieber, Rötung, unangenehmer Geruch)
Tipps zur Schmerzlinderung & Heilung
1. Hygiene & Pflege
Eine sorgfältige Wundhygiene ist essenziell, um Infektionen vorzubeugen und die Heilung zu unterstützen. Besonders im empfindlichen Intimbereich sollten schonende Reinigungsmethoden verwendet werden.
- Nach jedem Toilettengang den Intimbereich mit lauwarmem Wasser abspülen, idealerweise mit einer weichen Dusche oder einer Perinealflasche, um Druck auf die Wunde zu vermeiden.
- Sanftes Abtupfen mit einem weichen Handtuch oder Toilettenpapier, anstatt zu reiben.
- Lufttrocknung kann helfen, die Wundheilung zu beschleunigen. So oft wie möglich ohne Unterwäsche liegen, damit die Haut atmen kann.
- Auf stark parfümierte Pflegeprodukte, Seifen oder Intimsprays verzichten, da diese die empfindliche Haut reizen und das Infektionsrisiko erhöhen können.
- Baumwollunterwäsche tragen, um die Haut nicht zusätzlich zu reizen und für eine bessere Luftzirkulation zu sorgen.
2. Sitzbäder & kühlende Anwendungen
Sitzbäder haben eine beruhigende und entzündungshemmende Wirkung und fördern die Durchblutung im Heilungsbereich. Sie können mehrmals täglich für 10–15 Minuten angewendet werden.
- Kamille oder Eichenrinde wirken antibakteriell und helfen, Reizungen zu lindern. Ein Sitzbad mit diesen Heilpflanzen kann die Regeneration des Gewebes unterstützen.
- Alternativ kann eine leichte Salzwasserlösung entzündungshemmend wirken und die Wundheilung fördern.
- Kühlende Anwendungen wie Quarkwickel oder Kühlpads helfen gegen Schwellungen. Dabei ist es wichtig, die Kühlpads in ein weiches Tuch zu wickeln, um die Haut nicht direkt mit Kälte zu belasten.
3. Schmerzmittel in der Stillzeit
Schmerzen können besonders in den ersten Tagen nach der Geburt auftreten. Falls notwendig, können bestimmte Schmerzmittel bedenkenlos eingenommen werden.
- Ibuprofen und Paracetamol gelten als sichere Schmerzmittel während der Stillzeit und können in Absprache mit einer Hebamme oder einem Arzt angewendet werden.
- Aspirin sollte vermieden werden, da es die Blutgerinnung beeinflussen kann und das Risiko von Nachblutungen erhöht.
4. Beckenbodentraining & Bewegung
Die Stärkung des Beckenbodens ist entscheidend für die langfristige Rückbildung und die Prävention von Spätfolgen wie Blasenschwäche oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
- Nach etwa 6 Wochen mit sanften Übungen beginnen, sofern keine starken Schmerzen mehr vorhanden sind.
- Beckenbodentraining kann helfen, das Gewebe sanft zu aktivieren und die Durchblutung zu fördern, ohne den Heilungsprozess zu belasten.
- Sanfte Yoga- oder Pilatesübungen unterstützen nicht nur die Kräftigung des Beckenbodens, sondern helfen auch, Verspannungen im Rücken- und Hüftbereich zu lösen.
5. Narbenpflege & Regeneration
Wenn die Wunde gut verheilt ist, kann mit einer sanften Narbenpflege begonnen werden, um die Elastizität der Haut zu verbessern und Verhärtungen zu vermeiden.
- Eine regelmäßige Narbenmassage mit Mandelöl oder Johanniskrautöl kann helfen, das Gewebe weicher zu machen und Verklebungen zu lösen. Dabei sollte die Massage nur mit sanftem Druck erfolgen und erst beginnen, wenn die Wunde vollständig geschlossen ist.
- Enge Kleidung und synthetische Stoffe vermeiden, da diese Reibung erzeugen und das Narbengewebe zusätzlich reizen können. Besonders weiche, atmungsaktive Stoffe wie Baumwolle oder spezielle Wochenbettunterwäsche sind empfehlenswert.
Die Kombination aus richtiger Pflege, schonender Bewegung und gezielten Hausmitteln kann die Heilung von Geburtsverletzungen unterstützen und langfristig zu mehr Wohlbefinden führen.

Emotionale Aspekte von Geburtsverletzungen
Geburtsverletzungen sind nicht nur eine körperliche Belastung, sondern können auch emotional herausfordernd sein. Viele Frauen fühlen sich nach der Geburt erschöpft und verwundbar, besonders wenn die Verletzungen Schmerzen oder Einschränkungen im Alltag mit sich bringen. Die psychische Verarbeitung einer schwierigen Geburt kann Zeit brauchen – und das ist völlig normal.
Einige Frauen berichten von Ängsten vor dem ersten Toilettengang, da sie befürchten, dass die Naht oder das Gewebe reißt. Auch das Gefühl, den eigenen Körper nicht wiederzuerkennen oder sich unwohl in der Intimregion zu fühlen, kann eine Rolle spielen. Andere erleben es als belastend, wenn die Heilung langsamer voranschreitet als erwartet oder das Narbengewebe unangenehm bleibt.
Besonders nach einer traumatischen Geburt oder einer unerwarteten medizinischen Intervention wie einem Dammschnitt oder einem Not-Kaiserschnitt kann es emotional herausfordernd sein, die Geburtserfahrung zu verarbeiten. Manche Frauen entwickeln Ängste vor einer weiteren Geburt oder fühlen sich in ihrer neuen Rolle als Mutter verunsichert.
Was kann helfen?
- Gespräche mit der Hebamme oder einer Therapeutin können dabei unterstützen, die Erlebnisse aufzuarbeiten.
- Der Austausch mit anderen Müttern in Selbsthilfegruppen kann helfen, sich weniger allein zu fühlen.
- Tagebuchschreiben oder kreative Ausdrucksformen wie Malen oder Meditation können helfen, Gedanken und Emotionen zu verarbeiten.
- Sanfte Körperarbeit wie Beckenbodentraining, Yoga oder Entspannungstechniken können dabei helfen, das Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen.
Wann ist professionelle Unterstützung sinnvoll?
In manchen Fällen reicht es nicht aus, sich mit der Familie oder der Hebamme auszutauschen. Wenn die Geburtserfahrung emotional sehr belastend war oder langfristige Probleme auftreten, kann eine psychologische Beratung oder Traumatherapie hilfreich sein.
Wann du Unterstützung in Anspruch nehmen solltest:
- Wenn Ängste oder Panik vor einer nächsten Geburt bestehen und den Alltag beeinträchtigen.
- Wenn Schmerzen oder Narbengewebe langfristig das Wohlbefinden oder die Beweglichkeit einschränken.
- Wenn der Geschlechtsverkehr anhaltend schmerzhaft bleibt oder das Narbengewebe sehr empfindlich ist.
- Wenn depressive Verstimmungen oder eine emotionale Distanz zum Baby entstehen.
Zusammenfassung
- Dammrisse und Dammschnitte gehören zu den häufigsten Geburtsverletzungen, sind aber in den meisten Fällen gut behandelbar.
- Die Heilung dauert je nach Schweregrad zwischen 1 und 6 Wochen und kann durch Pflege und Schonung unterstützt werden.
- Sitzbäder, Schmerzmittel und sanfte Pflege fördern die Regeneration und helfen, Beschwerden zu lindern.
- Beckenbodentraining ist wichtig, um langfristige Beschwerden wie Inkontinenz oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu vermeiden.
- Bei starken Schmerzen, Infektionen oder auffälligem Narbengewebe sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
- Die emotionale Verarbeitung von Geburtsverletzungen kann Zeit brauchen – Unterstützung durch eine Hebamme, Selbsthilfegruppen oder Therapeuten kann helfen.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Geburtsverletzungen
1. Wie kann ich einen Dammriss vermeiden?
Durch regelmäßige perineale Massagen ab der 34. Schwangerschaftswoche kann das Gewebe gezielt gedehnt werden, um es flexibler zu machen. Auch eine aufrechte Geburtsposition kann helfen, die Spannung auf den Damm zu reduzieren.
2. Wie lange dauert die Heilung nach einem Dammschnitt?
Die Heilungsdauer beträgt in der Regel 2 bis 4 Wochen, abhängig von der individuellen Wundheilung. Kühlende Maßnahmen, Sitzbäder und eine gute Wundhygiene können den Heilungsprozess unterstützen.
3. Kann ich trotz Geburtsverletzungen stillen?
Ja, das Stillen ist trotz Geburtsverletzungen möglich. Allerdings kann das Stillen in den ersten Tagen Nachwehen verstärken, da das Hormon Oxytocin die Gebärmutterkontraktionen fördert. Eine entspannte Stillposition kann helfen, zusätzlichen Druck auf die Wunde zu vermeiden.
4. Wann darf ich nach einer Geburtsverletzung wieder Geschlechtsverkehr haben?
Es wird empfohlen, 6 bis 8 Wochen zu warten, bis sich das Gewebe vollständig regeneriert hat. Wenn nach dieser Zeit noch Schmerzen auftreten, sollte dies mit einer Hebamme oder einem Arzt besprochen werden.
5. Welche langfristigen Folgen können Geburtsverletzungen haben?
In seltenen Fällen kann es zu Narbenverhärtungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Beckenbodenproblemen kommen. Regelmäßiges Beckenbodentraining und eine gezielte Narbenpflege können langfristig helfen. Wenn Beschwerden bestehen bleiben, kann eine physiotherapeutische Behandlung oder eine Narbenentstörung sinnvoll sein.
Verwendete Quellen
- https://www.aok.de/pk/magazin/familie/schwangerschaft/dammriss-was-dahintersteckt-und-wie-sich-vorbeugen-laesst/
- https://www.bepanthen.de/baby/dammriss
- https://www.vivantes.de/themen/schwangerschaft-geburt/dammriss
- https://lansinoh.de/blogs/geburt/dammriss
- https://bumwell.de/ratgeber/schwangerschaft/dammriss-dein-weg-zur-schnellen-genesung/